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AMZ03/24 Tag7, Parintins

Guten Morgen Amazonien

 

Ein etwas anderer Morgen! Zum ersten geht die Sonne heute fast eine Stunde früher auf als gestern und zum Zweiten haben wir keine Ausfahrt am Vormittag. Was ist da los? Das Erste ist schnell erklärt. Wir sind in einem neuen Bundesstaat, denn wir haben heute Nacht die Staatsgrenze nach Amazonien passiert. Hier gehen die Uhren anders, nämlich eine Stunde nach. Somit “schwimmen” wir jetzt 5h hinter Euch her. Das Zweite hat mit Regularien am Amazonas zu tun - der übrigens auf diesem Teilstück 1,62 Seemeilen = 3,03km breit und 34m tief ist - die Einfluss auf den Fahrplan haben. 

Aber Ausruhen ist gar nicht so verkehrt, heute Abend könnte es später werden, sagt das Tagesprogramm. Der Vormittag gilt daher der Muße und gibt uns Zeit für einen kleine Plausch mit dem Kapitän auf der Brücke und um Euch ein wenig von Parintins zu “erzählen”, wo wir gegen 12:00 Uhr vor Anker gehen wollen. Auf dem Weg dorthin treffen wir noch die “Amadea” von Phoenix-Reisen, die in einer kleinen Bucht geankert hat und ihre Passagiere per Tenderboot an Land in ein kleines Dorf bringt.

 

Parintins ist nach Manaus mit 111.580 Einwohnern und einer Fläche von knapp 6000qkm die zweitgrößte Stadt Amazoniens und liegt auf einer Flussinsel namens Tupinambarana, 460km auf dem Wasserweg, oder 370km Luftlinie entfernt von Manaus, der Hauptstadt des Bundesstaates. Lokale Boot holen uns ab und bringen uns an den Anleger. Wir merken schnell, hier gehen die Uhren anders. In der Stadt haben wir endlich mal wieder die Möglichkeit, uns die Füße zu vertreten. Deshalb verzichten wir auf eine Rikscha-Fahrt und begeben uns auf eigene Faust und zu Fuß auf Entdeckungstour. Vom Hafen geht es vorbei am Mercado Municipal zur Kathedrale. Dieser sakrale Zweckbau kann 1500 Menschen fassen, besticht aber nicht durch architektonische Finessen. Bemerkenswert ist, dass am Turm der Kathedrale von vier Uhren vier unterschiedliche Zeiten angezeigt werden. In Parintins gehen die Uhren tatsächlich anders.

Weiter geht es zum Bumbódromo, einer Veranstaltungsarena, in der alljährlich der Tanzzyklus Bumba-meu-boi abgehalten wird. Dieses Tanzspektakel hat Parintins über die Grenzen Brasiliens berühmt gemacht und zieht jedes Jahr im Juni hunderttausende Besucher an. Hier die Kurzform der Geschichte:

In Parintins gibt es zwei rivalisierende Parteien, die Boi Caprichoso (blau) und die Boi Garantido (rot). Jedes Jahr aufs Neue wird eine Geschichte von einem Bullen erzählt, der durch die Begehrlichkeiten einer schwangeren Frau zu Tode kommt (Madam möchte unbedingt die Zunge des besten Zuchtbullen essen!). Nach langem Zögern erfüllt der arme Gatte den Wunsch seiner Frau und tötet den Bullen. Damit löst er eine polizeiliche Strafexpedition aus. Er flieht zu Indianern in den Urwald, deren Schamane den Bullen wieder zum Leben erweckt. Am Ende tanzen alle vor Freude. Ob der Zombie-Bulle wieder eine Zunge hat, geht aus der Geschichte leider nicht hervor. Mehr erfahren wir vielleicht heute Abend!!

Wir schlendern weiter durch das "Stadtzentrum" und sind immer wieder erstaunt, wie freundlich uns die Menschen hier begegnen. Ein Bon Dia hat jeder auf den Lippen. Sie wirken alle glücklich und zufrieden, auch wenn die Lebensumstände sichtbar nicht einfach sind.

 

Inzwischen wissen wir auch, warum es heute Abend spät wird. 

Nach einem frühen Abendessen sind wir von HLC eingeladen, einen Teil des Tanzzyklus zu sehen, dessen Geschichte wir oben kurz beschrieben haben. Mit Bussen, die sonst im öffentlichen Nahverkehr ihren Dienst tun, werden wir zur Arena der Boi Garantido (Rot!!!) transportiert. Wir sollen nach Möglichkeit ein rotes Accessoire zu tragen, gegebenenfalls auch etwas Weißes. Aber “etwas Blaues” ist ein absolutes NoGo, weil das die Farbe des Konkurrenzklubs Boi Caprichoso ist. 

Nachdem was wir von unseren brasilianischen Experten erfahren haben, ist die Vereinszugehörigkeit offensichtlich eine wirklich ernste Sache. Schon von Geburt an ist man dem einen oder anderen Lager zugehörig. Sollten junge Leute des jeweils anderen Lagers zusammen finden, dann wandern sie besser aus. Das ganze erinnert mich so ein wenig an die Blau-Weiße und die Gelb-Schwarze Fraktion im Ruhrgebiet. 

In der Arena ist bereits alles vorbereitet. Junge Menschen, mit Federkostümen begrüßen uns, Getränke mit nicht unerheblichem Alkoholanteil und fürchterlich süß werden ausgeschenkt. Wir werden beide niemals ein FAn von Caipirina werden!!!

Nach einer kurzen Einführung von dem Vereinsvorsitzenden zu der Geschichte sehen wir einen Teil der letztjährigen Choreographie. Und die ist absolut SENSATIONELL. Die Farben, die Kostüme, der Gesang, es ist nicht zu übersehen, welcher Einsatz und Aufwand hinter dieser Bühnenshow steckt. Einige der Kostüme wiegen an die 30 kg, und doch bewegen sich die Tänzer und Tänzerinnen unglaublich leichtfüßig und elegant. Sie strahlen eine unglaubliche regelrecht ansteckende Lebensfreude aus. Die Musik zieht einen sofort in Ihren Bann.

Zum Abschluss werden wir aufgefordert, zu den Mitwirkenden auf die Tanzfläche zu kommen, und im Nu ist die Tanzfläche gefüllt. Es werden Unmengen von Fotos zusammen mit Tänzerinnen, Tänzern und der großartigen Band gemacht. Man sieht es den Mitwirkenden an, wie sehr sie sich über unsere Begeisterung freuen und kommen den Fotowünschen sehr gerne nach.

Was für ein großartiger Tag mit einem spektakulären Highlight am Abend! Das werden wir so schnell nicht vergessen!!!

 

 

Zurück an Bord werden wir mit einem kleinen Snack und einem gut gekühlten Bier begrüßt. Da geht die Feier gleich weiter! Wir schwingen noch ein wenig das Tanzbein und kurz nach Mitternacht geht’s in die Koje.

Derweil macht sich die HANSEATIC inspiration auf den Weg zu unserem nächsten Ziel Canaçari. 109 nautische Meilen sind zu absolvieren, bevor wir morgen Nachmittag wieder in die Zodiacs steigen und uns wieder von dieser grandiosen Natur beeindrucken lassen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Susi & Hajo (Donnerstag, 21 März 2024 20:52)

    Die Kostüme sind ja der Wahnsinn, unglaublich ! Der Besuch dieser Show war mit Sicherheit ein unvergessliches und beeindruckendes Erlebnis für Euch …kann mir gut vorstellen, wie mitreißend dieses Spektakel war ! Tolle Fotos !

  • #2

    Jacky (Montag, 25 März 2024 17:09)

    Wow! Beeindruckende Kostüme. Sicher ein Erlebnis, welches man nicht so schnell vergisst.