· 

Tag 7, Kap Lee & Edgeøya

 

Auf dem Weg nach Kap Lee durchqueren wir den Freemansund. Mit der Passage durch den 20 Seemeilen langen und 3 Seemeilen breiten Freemansund ist Spitzbergen letztlich umrundet. Hier besteht eine große Chance Eisbären zu sehen. Wir haben auch einen gesehen, aber er war soweit weg, dass er nur als sich bewegender Punkt in der Ferne auszumachen war. 

Unsere vorgesehene Anlandung mit den Zodiac’s in Kap Lee fiel dann leider dem mit Stärke 7-8 blasenden Wind zum Opfer. Dazu kam Seegang mit bis zu 5 Metern. Da ist eine sichere Überfahrt mit den Zodiacs schlichtweg nicht möglich. Auch ein Kreuzen mit dem Schiff entlang der Küste ist bei diesen Wetterverhältnissen nicht sicher, denn der der Wind und der bis zu 10 Knoten starke Gezeitenstrom ist nur schwer navigierbar, wie es der Käpt'n ausdrückte.

Doch er hatte auch diesmal wieder einen Plan "B". Die Entscheidung:

Wir fahren auf der Westseite von Barentsøya ca. 15 Seemeilen nach Norden, um dort an Land zu gehen. Genau wie gestern wieder Neuland für die HANSEATIC spirit. Aber, das macht Expeditionskreuzfahrten eben aus: planen, bei passendem Wetter die Pläne umsetzen, bei nicht passendem Wetter Alternativen suchen.

 

So auch jetzt wieder. Der Kapitän wollte auf die Westseite fahren:

Doch nach ein paar Minuten passierten wir eine kleine Insel, auf der es sich ein Eisbär oberhalb des Ufers bequem gemacht hatte. Also, alle Maschinen stop, Lage sondieren, und dann, soweit der Tiefgang der Spirit (5,7 Meter) es zuließ, dichter ran an die Insel.

Im Nu waren der Spirit Walk im Bug und das Aussichts-Deck 9 bevölkert mit Blauen Parkas. 

Da der Tiefgang der Spirit keine weitere Annäherung an die Insel bzw. den Eisbären zuließ, entschied der Käpt´n, die Zodiac's trotz eines ziemlichen Wellengangs zu Wasser zulassen. Damit wollte er uns eine noch bessere Perspektive auf den Eisbären bieten. 

Ein- und Aussteigen sind bei einem solchen Wellengang am Side Gate eine kleine Herausforderung. Doch mit Hilfe der Crewmitglieder am Gate als auch im Boot war auch das kein Problem.

Unser Bootsführer zeigte sich als sehr erfahren, denn er manövrierte das Boot geschickt durch Wind und Wellen näher in Richtung Ufer. So dicht dran an einem Eisbären waren wir vorher noch nie. 

Es war ein stattlicher Bursche mit gewissen Model-Qualitäten. Jetzt aus der Nähe war zu sehen, dass er wohl vor nicht all zu langer Zeit Jagderfolg gehabt haben musste, denn sein dicker voller Bauch baumelte fast bis auf die Erde beim Laufen.

Es war ein wenig schaukelig im Zodiac, doch jeder von uns hoffte, nun den ultimativen digitalen "Schuss" auf den Eisbären zu bekommen. Und ich denke, unsere Ausbeute ist nicht schlecht (siehe unten). Was haben wir nur für ein Glück mit unseren Tiersichtungen. 

 

Während wir noch so dahin "schaukelten", kam plötzlich vom Schiff das Kommando Abbruch, denn der Eisbär war inzwischen über die Kuppe des Hügels auf die andere Seite der Insel gewechselt und nicht mehr zu sehen. Doch kaum war das Zodiac in Richtung zum Schiff ausgerichtet, tauchte der Eisbär wieder auf und wanderte auf der Hügelkuppe entlang. Also, Kommando zurück, Kamera wieder schußbereit machen und auf die Beobachtungsposition zurück begeben.

Während alle ihre Fotos “schossen” oder fasziniert den Eisbären beobachteten, waren wir unbemerkt ein paar Meter weiter auf die Insel in flacheres Wasser zugetrieben. Hier wurde es dann noch einmal spannend, denn wir hatten kurzen Kontakt mit dem Propeller des Außenborders an einem kaum sichtbaren Stein. Zum Glück ohne Folgen. Außer ein paar Farbabschürfungen ist nichts passiert. Danach ging es dann endgültig zurück zum Schiff. 

Der Überstieg vom Zodiac zum Schiff war heute bei dem Wellengang etwas schwierig.  Doch mit den helfenden Händen der Crew ist alles gut gegangen. Alle Zodiac-Fahrer sind gesund und munter mit tollen neuen Eindrücken wieder auf dem Schiff angekommen.

 

Über Mittag war dann erst einmal Ausruhen angesagt, denn es stand ja noch eine Ausbootung auf der Insel Barentsøya auf dem Plan.

Gegen 15.00 Uhr landen wir in der Anderssonbukta an der westlichen Seite von Barentsøya an.

Hier findet sich so ziemlich alles, was charakteristisch ist für die Landschaft mit Tafelbergen, weichen Hügeln im Inland, hohe Steilküsten und schöne, um diese Jahreszeit blühende Tundra. Der Boden ist an vielen Stellen mit ca. 20-30cm aufgetautem dichtem Moos bedeckt. Es läuft sich etwas seltsam darauf, man bekommt einen regelrecht schaukeligen Seemannsgang. Überall finden sich abgeworfene Geweihe, Rentierlosung und Rentierknochen. Ein Zeichen dafür, dass nicht nur wir, sondern gelegentlich auch ein Eisbär vorbei kommt. 

Barentsøya ist die 4. größte Insel des Svalbard-Archipels. Etwas oberhalb unserer Anlandestelle am Strand hat einer der Experten bereits vom Zodiac aus die Reste einer Pomoren-Hütte entdeckt. Eigentlich erkennt man schon aus der Entfernung die Reste der Eckpfähle. Von nahem wird dann der Grundriss schön sichtbar, mit seiner Aufteilung der Fläche in einen großen Raum und einen Vorraum (die ersten 2 Bilder). Er schätzt das Alter auf ungefähr 200 bis 300 Jahre.

Was die Natur angeht, so finden wir auf dem Hang oberhalb der Landestelle eine üppige Flora vor - mit viel Stengellosem Leimkraut, Saxifraga-Arten, Hornkraut etc.. In der Tundra finden wir auch überall Rentier-Losung und abgeworfene Geweihstangen. Kein Wunder, dass Rentiere diesen Platz mögen. Viel bessere "Weiden" gibt es in Svalbard nicht!

Von "oben" bietet sich eine tolle Aussicht nach Osten auf das Vorland des Duckwitzbreen (Breen = Gletscher) und die Gletscherzunge selbst. Dieser Gletscher ist nach Arnold Duckwitz (1802 - 1881), seinerzeit Bürgermeister von Bremen, benannt. 

 

Nach dem Live “Biologie- und Geologieunterricht” des Nachmittags stand der Abend wieder ganz im Zeichen des Geniessens. Es ist immer wieder erstaunlich, was die Küchen-Crew der Spirit auf die Teller zaubert. Hier sind ein paar Appetithäppchen. 

 

Dem Abendessen folgte heute übrigens noch eine Einladung des Hotelmanagers zu einem Digistif bei einem Get-together vor der Rezeption. Nette Gespräche in fröhlicher Runde, die auch eine feuchte Komponente hatten. In unserem Falle ein Linie Aquavit aus der Gletschereis-Flasche. Mal was anderes!!

 

Kapitän, Experten und Nautiker haben am Abend noch einmal neu gerechnet, wann sie wo sein wollen /  können und wo sinnvollerweise die morgigen Vormittags-Aktivitäten stattfinden sollen / können. Anbetracht der Tatsache, dass spätestens morgen Nachmittag die Überfahrt nach Tromsö beginnen muss, um pünktlich am Freitagmorgen dort anzukommen, fällt die Entscheidung folgendermaßen aus:

Wir fahren sehr zügig in Richtung Hornsund im Süden von Spitzbergen, dessen Mündung wir am frühen Morgen erreichen wollen; ungefähre Entfernung: 180 Seemeilen.

Na dann, nichts wie los. Früher hätte der arme Kerl von Heizer im Maschinenraum den Befehl bekommen, 2-3 zusätzliche Schüppen Kohle in den Kessel zu schaufeln. Heutzutage reicht zum Glück ein kurzer Druck am "Joystick" auf der Brücke, um die Hanseatic spirit auf "Trab" zu bringen.

 

       🏠         

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Frank Salzgitter (Mittwoch, 27 Juli 2022 17:02)

    Ein wahnsinnige Tour. Super Fotos von Natur und Tierwelt. Einfach wunderschön!!!!!

  • #2

    Susi & Hajo (Mittwoch, 27 Juli 2022 21:23)

    Diese Zodiacs sind mir ja nicht geheuer, sehr schaukelig …aber was tut man nicht alles, um einen Eisbär in freier Wildbahn aus der Nähe zu sehen - einfach toll ! Und vielleicht ist der der kugelrunde Eisbär ja auch eine Eisbärin mit kleinen Bärchen im Bauch �‍❄️�‍❄️…

  • #3

    Gaby.... (Mittwoch, 27 Juli 2022 23:04)

    Sprachlos.......so super tolle Fotos!!!!!!�