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Tag 5, Alkefjellet & Palanderbukta

Heute ist der fünfte Tag unserer Expedition - und der fünfte Tag ohne Mobilfunk und Internet!! Weitere sarkastischen Kommentare in Richtung der U30-40 Fraktion erspare ich mir.

Gegen 7:30 Uhr liegt die HANSEATIC spirit vor den Vogelklippen des Alkefjellet, was nichts anderes als „Lummenberg“ bedeutet. Etwa 60.000 Brutpaare der Dickschnabellumme brüten hier von April bis August; hinzu kommen Hunderte von Brutpaaren der Dreizehenmöwe. Zu den weiteren Bewohnern des Vogelfelsens gehören die Eismöwe und die Gryllteiste.

In der Anfahrt mit dem Schiff ist es noch sehr windig, und die Bedingungen würden keine Zodiacfahrt gestatten. Das wäre sehr schade, denn die Zodiacs dürfen deutlich dichter an die Felsen heran. Also erstmal ab zum Frühstück und hoffen, dass die Entscheidung zu Gunsten der Zodiacs fallen kann. Und wir hatten wieder mal dieses fast schon unverschämte Reiseglück.

Der Wind ließ nach und wir durften in die Zodiacs, um zigtausende von Lummen und Dreizehenmöwen aus der Nähe zu beobachten. Wir gehen in zwei Gruppen mit je 3 Booten und einer Dreiviertelstunde Zeit in die einzelnen Zodiacs, um das Vogelleben im Felsen zu beobachten.

Heute ist Zodiac fahren aber eine andere "Hausnummer". Im Vergleich zu den vorherigen Ausbootungen bei Sonnenschein und bis zu 15° Grad wehte uns heute ein arktischer Wind um die Ohren. Wassertemperatur und Lufttemperatur bei +4° meldete der Kapitän mit der “netten” Bemerkung, dass wir jetzt endlich das bekommen, was wir gebucht haben: eine Arktis Kreuzfahrt!!!

 

Trotz der etwas widrigen Verhältnisse:  Es war wieder ein echtes Erlebnis!!

Die ca. 500 Meter vom Schiff zu den Vogelfelsen verliefen noch sehr kommod, denn wir fuhren mit dem Wellenlauf, und auch der Wind hielt sich in Grenzen.

Die Fahrt entlang der Vogelfelsen war ein absolutes Highlight. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Dicht an dicht nisten zigtausende von Lummen in Felsspalten und auf Felsvorsprüngen. Ihr Geschrei untermalt die Szenerie mit dem richtigen Sound, der “Duft” des Guano (Vogelschiet) ist eher grenzwertig.

Zwischendrin die Dreizehenmöwen, die nur darauf warten, dass ein Nest der Lummen mal unbewacht ist, um sich die Eier oder gar die Brut zu holen. Naja, auch sie haben Junge im Nest, die gefüttert werden wollen.

Ein unglaubliches Szenario, das wir mit eigenen Augen bewundern durften. Das Fotografieren war allerdings alles andere als einfach, denn die Zodiac's schaukelten gehörig in den Wellen. Sorry Ihr Lieben, das eine oder andere Bild ist wohl nicht hundertprozentig fokussiert. Doch ich denke sie transportieren das Szenario trotzdem zu Euch nach Hause.

 

 

Nach ca. 45 Minuten ging es dann zurück zum Schiff und für einige von uns 

kam der eher unangenehme Teil dieses Ausfluges.

Gegen Wind und Wellenlauf war es unvermeidbar, dass die Gischt immer wieder in Wellen ins Boot klatschte. Dabei fungieren die Personen vorne im Boot (z.B. ich!!) quasi als Wellenbrecher. Innerhalb kürzester Zeit war ich trotz imprägniertem Parka und Wasserschutzhose patschnass.

Und trotzdem war diese Tour ein unglaubliches Erlebnis. Der Service auf dem Schiff ist auf so etwas natürlich vorbereitet. Die nassen Sachen werden unmittelbar nach der Rückkehr vom Hauskeeping abgeholt, in einem speziellen Trockenraum wieder fix getrocknet, und zurück auf die Kabine geliefert. Das war auch notwendig, denn wir brauchen sie heute Nachmittag schon wieder.  Es gibt ja noch ein zweites "Abenteuer", von dem wir noch nicht genau wissen, was uns in der Palanderbukta (Palanderbucht) erwartet.

Was uns über die Mittagszeit erwartete wußten wir aber schon. Der Kapitän lud zu einer Pølser-Party auf dem Pooldeck ein. Pølser sind nichts anderes als Bockwürstchen, die man entweder “pur”, oder als Hotdog mit allen Zutaten zu sich nimmt. Daneben hatte das Hotelteam und die fantastische Küchencrew zusätzlich ein umfangreiches Mittagsbuffet mit vielen Leckereien und den entsprechenden Getränken vorbereitet, so dass keine Wünsche offen blieben. Etwas Vorsicht war aber schon geboten angesichts der noch anstehenden zweiten Ausbootung am Nachmittag. 

 

Während der Pølser-Party hat die Spirit die 22 Seemeilen zur Palanderbukta zurückgelegt. 

Die Palanderbukta (Palanderbucht) gehört zu Nordaustlandet (Nordostland), der zweitgrößten Insel des Svalbard-Archipels nach der Hauptinsel Spitsbergen. Sie zweigt von der Ostseite der 90 km langen Hinlopenstraße in den 24km langen Wahlenbergfjord ab.

 

Nordaustlandet zeigt eine ganz andere Landschaft als wir sie bisher gesehen haben.  Eine Polarwüste,  die sich sehr von der milden Westküste unterscheidet. Die Vegetation ist, den hocharktischen Bedingungen entsprechend, eher spärlich.

Unsere Anlandung verlief problemlos. Der Schwung über den Wulst des Zodiacs klappt immer besser. Der erste Eindruck von Zeipelodden (so heißt dieser Abschnitt der Bucht) war etwas zwiespältig.

 

Zwar wussten wir, dass die Vegetation hier sehr spärlich sein würde, aber einen ausgedehnten Kiesstrand hatten wir nun nicht unbedingt erwartet. Dieser Eindruck  änderte sich aber schnell, nachdem wir von den Experten (Geologen und Biologen) auf die Besonderheiten dieses Küstenabschnitts hingewiesen wurden. Geologin Heike sprach sogar von einem “Sahneschnittchen” der Weltgeologie. Die geologischen Besonderheiten dieses “Sahneschnittchens” sind bei NASA und ESA sogar sehr beliebt, denn hier kann man fast perfekt die Bedingungen des Mars (abgesehen von fehlender Luft und Wasser) simulieren und entsprechende Trainings durchführen. 

Es soll hier auch eine vielfältige Tierwelt geben. Rentiere, Polarfüchse, Seevögel mit Brutkolonien, Robben, Walrosse und Eisbären sind hier zu Hause. Auf das Vorhandensein von Säugetieren weisen die Funde von Rentier- und Eisbärenkot hin. Abgesehen von einem schwimmenden Walross in der Ferne und einer kleinen Bartrobbe haben wir aber nichts gesehen. Und die beiden waren so weit weg, dass es sich nicht lohnte die Kamera auszupacken. 

Ein Phänomen dieser Bucht wird durch das stetige Wechselspiel von Auftauen und Frost oberhalb des Permafrost in einem Bereich von ca. 50cm Tiefe erzeugt. Das darin befindliche Gestein “ordnet” sich quasi nach seiner Größe (Klein in der Mitte und Groß aussen herum) und es entstehen Kreise, in deren Mitte unterschiedliche Blumen und Moose wachsen. Weiterhin haben wir gelernt, dass die Mineralien von verwesenden Walknochen wie Dünger wirken und Grünflächen mit unterschiedlichen Gewächsen entstehen lassen. Ich sag’s ja immer wieder:”Reisen bildet”!!!

 

Nach dieser “Schulstunde” ging es zurück zum Schiff. Vor dem Abendessen (heute wieder im französischen Spezialitäten-Restaurant l’Esprit), gab es noch den Pre Cap (Vorausschau) von Expertin Heike auf den morgigen Tag. Er ist wieder vollgepackt mit Aktivitäten (u.a. eine Walross-Pirsch!!!) und soll bereits um 8:30 Uhr mit einer Zodiac-Anlandung in Torellnesset starten. So informiert, widmen wir uns den Gaumenfreuden des Restaurants.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Gaby (Mittwoch, 27 Juli 2022 22:58)

    Was für eine gigantische Reise.....ein Erlebnis das mitzuerleben....Danke dafür!!!��