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Tag 1, Möllerfjord / Krossfjord

 

Es war nicht ganz einfach - trotz des langen Tages - gegen Mitternacht einzuschlafen. Draussen ist es taghell und auch der dicke Vorhang am Fenster hilft nur bedingt.  Wobei das alles eigentlich nur für mich gilt, denn Lottchen hat noch nicht ganz gelegen, da war sie bereits im Reich der Träume.

Irgendwie fühlt sich das alles etwas seltsam an, so ganz ohne Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Das Zeitgefühl ist total im Eimer. 

 

Seit wir Longyearbyen Richtung Norden verlassen haben gibt es keine Internetverbindung bzw. kein Mobilfunknetz mehr. Sehr irritierend für die jungen Gäste an Bord!!! Der Kapitän teilt mit, dass es ein Problem mit dem Computer gibt, der normalerweise das Internetsignal über Satellit empfängt. Uns spielt das natürlich auch nicht gerade in die Karten, denn wir wollten Euch ja virtuell “mitnehmen” und jeden Tag frisch berichten. So wie es aussieht, wird daraus wohl nichts werden, denn ein Mobilfunknetz gibt es soweit im Norden auch nicht mehr. Das ist sehr schade, denn gleich der erste Tag hatte es wirklich in sich.

Eisbären, Rentiere, eine Bartrobbe, Gletscher en mass und am Nachmittag auch noch Sonnenschein. Aber der Reihe nach:

 

Der Vormittag waren vollgepackt mit Vorbereitungsaktivitäten für die geplanten Exkursionen. Nach dem Frühstück erfolgte die Einkleidung mit hochwertigen, blauen und sehr warmen Polar-Parkas und Gummistiefeln, die wir bei Anlandungen tragen MÜSSEN. Beides wird von HLC leihweise für die Dauer der Reise zur Verfügung stellt. Anschließend erfolgte die Zodiac-Einweisung.  Staff Kapitän Claas Fischer - gleichzeitig Kommandant der Zodiac-Flotte der HANSEATIC spirit - informierte uns über die bevorstehenden Anlandungen mit den ebenso robusten wie wendigen Schlauchbooten. Damit unsere Anlandungen ohne Probleme ablaufen, sollte jeder ein paar Handgriffe und Spielregeln kennen.

 

Inzwischen war es Mittag und wir in unserem heutigen Zielgebiet, dem Krossfjord, angekommen. Doch wer nun geglaubt hatte, er/sie könnte genussvoll das erste Mittagessen geniessen, hatte die Rechnung ohne Mutter Natur gemacht.

 

Kaum waren wir von der Einweisung zurück auf der Kabine, kam plötzlich die Ansage von der Brücke, dass an Land eine Eisbärin mit Kind gesichtet wurde. Müßig zu erwähnen, dass unter den Passagieren sofort die große Hektik ausbrach und alle mit jeglichem fotografischen Equipment ausgerüstet auf die Oberdecks und den Umlauf am Bug, den sogenannten "Spirit Walk", stürmten. Platz ist genug für alle da, sodass jeder einen guten Fotospot finden konnte.

Dummerweise fing es genau in dem Moment an zu regnen. Quasi der erste Härtetest für die Kameras!! Es wurde zum Glück schnell wieder trocken. Kapitän Axel Engeldrum und seine Brücken-Crew manövrierte die Spirit immer tiefer in den Fjord und immer dichter an das Ufer. Quasi nebenbei tauchten dann auch noch zwei Herden Rentiere am Berghang auf, die bei den meisten aber leider wenig Beachtung fanden. Eisbären sind halt deutlich spektakulärer als Fotomotiv.

Gut eine Stunde haben wir die Tiere beobachten können und es war wirklich ein faszinierender Moment.  Abgesehen davon bietet dieser wunderschöne Fjord mit seinen diversen Gletschern einen perfekten Rahmen für so ein Erlebnis.

 

Bald nach dem Mittagessen hörten wir den Anker aus der Klüse rauschen. Kurz darauf ging es dann auf den ersten Zodiac-Ausflug. Nachdem die Eisbärenwächter grünes Licht gegeben hatten, konnte sich die "Zodiac-Flotte" in Bewegung setzen.

Die Ausbootung erfolgt nach Farbgruppen, in die alle Passagiere beim Check-In eingeteilt wurden. Damit man diese nicht vergisst, wird die Bordkarte mit einem entsprechenden Farbpunkt gekennzeichnet.

Vom Ankerplatz der Spirit bis zur Anlandestelle im Möllerfjord waren es nur ein paar Minuten. Da es sich um eine sogenannte "nasse" Anlandung handelte, waren die ausgeteilten Gummistiefel sehr von Vorteil.  Dabei schwingt man sich mit den Beinen über den Wulst des Zodiacs auf einen kleinen Tritthocker ins flache Wasser und watet an Land. Dort wird man bereits von den guten Geistern der Expeditionscrew mit einem heißen Tee - mit entsprechender alkoholischer “Veredlung” -  empfangen. Es gibt noch einige Verhaltenshinweise vom Expeditionsleiter. Anschließend kann man auf seinen Entdeckungsspaziergang starten.

 

Die herrliche Landschaft ist faszinierend schön. Die atemberaubende Natur bietet hohe Gipfel und Gletscher, die in den Fjord münden. An der Spitze der Landzunge befindet sich eine kleine leuchtend orangefarbene Hütte, das "Lloyds Hotel". Diese Schutzhütte wird seit 100 Jahren von Hapag Lloyd gewartet und ausgerüstet. Sie ist ein touristisches Denkmal geworden, in deren Inneren unter anderem die Schiffsplaketten von allen bisher dort gewesenen Hapag Lloyd-Schiffen zu sehen sind. Die kleine Hütte ist heute ein Wahrzeichen des Kreuzfahrtverkehrs in Spitzbergen.

 

Die Zeichen des Klimawandels sind hier überdeutlich zu sehen. Heute waren sie aber auch zu spüren, denn es war mit ca. 12°C für diese Gegend sehr warm. Die beiden ins Meer mündenden Gletscher Mayerbreen und Kollerbreen schrumpfen seit Jahren dramatisch und haben sich weit zurückgezogen. 

Bisher haben wir überwiegend von den Auswirkungen des Klimawandels in den Polregionen gehört. Jetzt haben wir sie das erste Mal mit eigenen Augen gesehen und es gibt uns sehr zu denken!! 

 

Bei Anlandungen in der freien Natur außerhalb von Siedlungsgebieten müssen in Spitzbergen aus Umweltschutzgründen die Gummistiefel getragen werden, die wir am Morgen bei der Einkleidung erhalten haben. Diese werden in einem speziellen Stiefel-Raum nach Kabinen geordnet aufbewahrt. Nach der Rückkehr von einer Zodiac-Ausfahrt führt der Weg zunächst in eine spezielle “Stiefelreinigungsmaschine”, sodass diese wieder gründlich gereinigt werden und somit wieder sauber für die nächste Ausbootung sind. Damit soll verhindert werden, dass jedwede Verschmutzung dieses sensiblen Ökosystems verhindert wird. 

Gegen 18.30 Uhr sind wir zurück an Bord, und die HANSEATIC spirit nimmt Kurs auf Ny- Ålesund, was einer Strecke von 25 Seemeilen gleichkommt. Und wir können auch noch einer kleinen Bartrobbe zuwinken, die es sich auf einer Eisscholle bequem gemacht hat. 

 

Gegen 19.00 Uhr findet auf dem Pooldeck = Deck 8 der "Willkommens-Cocktail" statt. Bei dieser Gelegenheit stellt uns Kapitän Axel Engeldrum die leitenden Offiziere des Schiffes und auch sich selbst vor.

Danach ging es zum Abendessen ins französische Spezialitätenrestaurant, wo wir mit einem exzellenten Menü verwöhnt wurden. 

 

Wow, was für ein erster Tag. Wir sind sehr gespannt, was uns morgen in Ny- Ålesund erwartet. Bis dahin versuchen wir jetzt ein wenig Schlaf zu finden. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Jacky (Dienstag, 26 Juli 2022 21:52)

    Wow! Was für tolle Bilder und tolle Erlebnisse! ��

  • #2

    Gaby (Mittwoch, 27 Juli 2022 22:39)

    Ich bin auch in winterfeste Klamotten gestiegen und voll dabei!!!!!

    Die Bilder sind der Wahnsinn....genau wie dein Bericht�������